Horst Gauss

Wand an Wand mit Peitschen-Alice !

Sicherlich haben Sie schon einmal von dem unheimlichen “ Prostituiertenmord “ im August 1994 in Frankfurt am Main gehört, als gleich 5 Mädels des leichten Gewerbes in einem noblen Wohnviertel um die Ecke gebracht worden waren. Kaum einer der Nachbarn wusste bis zum Tag des entsetzlichen Verbrechens von dem bunten Treiben in diesem Haus, so dezent und geheimnisvoll gingen die Damen des horizontalen Gewerbes zu Werke. Wie das Leben so spielt. Da lebten also Prostituierte und unbedarfte Bürger hautnah, sozusagen “ Wand an Wand “beisammen, und jeder Gesellschaftsteil verbrachte seine Tage auf seine Art ohne von dem anderen Notiz zu nehmen. Selbst Tante Amalie, die nun schon 30 Jahre lang im Nachbarhaus, im Parterre , also “Wand an Wand “mit den Damen des horizontalen Gewerbes wohnte, wusste nichts von diesem Luxus – Etablissement. Nur manchmal, allerdings zur Spätnachmittagszeit , wenn es sehr ruhig im Haus war und wenn Tante Amalie zur obligatorischen und viel geliebten Teestunde verweilte, dann kam es schon mal vor, dass sie durch die relativ dünne Wand Peitschenhiebe und Schreie aus dem Nachbarhaus vernahm. Tante Amalie, sowieso schwerhörig und jenseits von gut und böse, machte sich weiter keine Gedanken über den ab und zu auftretenden Lärm im Nachbarhaus. Doch einmal war der Lärm so schlimm, dass selbst Tante Amalie meinte gehört zu haben, wie eine laute Frauenstimme fauchte und fluchte: “ Du Drecksau , jetzt kriegst Du erst mal Deine Strafe“ so die Worte aus dem Nachbarhaus und danach, so meinte sie gehört zu haben, dass ein Mann heulte und wimmerte: “ Nein, nein, ich will brav sein! “. Das empfand Tante Amalie schon als merkwürdig. Aber vielleicht hatten die Nachbarn ja nur Krach oder vielleicht waren die Nachbarn Schauspieler, die für ein Theaterstück übten . Tante Amalie konnte sich auf jeden Fall keinen richtigen Reim aus dem Treiben im Nachbarhaus machen . Natürlich wunderte sie sich schon manchmal über die vielen Handtücher und Desous , die im Nachbargrundstück auf der Wäscheleine hingen. Aber Tante Amalie hätte im Schlaf nicht daran gedacht, dass nur durch 30 cm Wand getrennt, die Damen des horizontalen Gewerbes ihre Folterkammer mit allen Spezialgeräten eingerichtet hatten und, dass die Schreie, die manchmal aus der Nachbarwohnung kamen, die Lustschreie perverser Mitbürger waren, die gerade von “ Alice “ verdroschen wurden. “ Alice “, ein schöner Namen, von ihren Freundinnen wurde sie auch “ Peitschen – Alice “genannt, weil sie es ganz besonders gut verstand, mit der Peitsche umzugehen. Nun muss man allerdings auch wissen, dass Tante Amalie ein Mensch “aus einer anderen Welt “ war. Sie hatte in ihrer Jugend eine humanistische Ausbildung genossen, Geschichte und Philosophie studiert , und war dann später Professorin für Geschichte an der Universität gewesen . Außerdem war sie unverheiratet und in vielen Dingen unaufgeklärt, besonders was das horizontale Gewerbe betraf. Man konnte also verstehen, dass Tante Amalie keinerlei Argwohn hegte. Woher sollte sie also wissen, dass nebenan 5 Mädels ihrem fragwürdigen Gewerbe nachgingen.

An ihrem 75. Geburtstag, hatte Tante Amalie 15 Freunde zu einem besinnlichen Klavierabend eingeladen. Es war ein Freitagabend und während sich Tante Amalie und ihre gebildeten und durchgeistigten Gäste an Beethoven´s Fünfter ergözten, wurde im Haus nebenan , wie immer an Freitagen, auf Hochtouren gearbeitet. Mitten im Konzert klingelte es bei Tante Amalie und sie öffnete die Tür: Ein netter, gut gekleideter Herr stand vor der Tür. Verlegen seine Worte: “ Guten Tag, “ Louis“ ist mein Name, ich hatte vorhin bei Ihnen angerufen, ich habe ihre Adresse von einem Bekannten bekommen , der mir sagte, dass bei Ihnen alles gemacht würde, auch mit Peitsche usw. und dass sie sehr diskret wären, ist das ok so ? “ Tante Amalie verstand nicht was der Herr Louis wollte, sicherlich war er der Freund einer ihrer Gäste, so Tante Amalie´s Gedankengänge, während Louis meinte, die Puffmutter vor sich zu haben . Also bat Tante Amalie den “ Puff - Louis “erst einmal leise einzutreten um das Konzert nicht zu stören. Sie nahm ihn vorsichtig am linken Arm und geleitete ihn ins Wohnzimmer und bot ihm einen Stuhl an. Sie konnte ja nicht ahnen, dass der neue Gast nicht zu Ihrer Gesellschaft gehörte sondern ein Freier war, der nur die Hausnummern verwechselt hatte, eigentlich also ins Nachbarhaus wollte und sich nun bei einem Konzert anstatt im Nobelpuff nebenan befand. Der “ Puff - Louis “ trat mit hochrotem Kopf ein und dachte zunächst, dass das dargebotene Konzert eine neue perverse Spielart sei um Freier in die richtige Stimmung zu bringen. Das saß er nun, der arme Louis und hörte Beethoven´s Fünfte obwohl er ja eigentlich ganz andere Ambitionen hatte. Auch kamen ihm die Gäste sehr merkwürdig vor, sie passten eigentlich so gar nicht in sein Klische´ vom Puffgänger. Nach einer halben Stunde wurde ihm dann doch mullmig zu Mute und er registrierte verschämt, dass er sich wohl in einer falschen Gesellschaft befand. So schlich er sich heimlich und unbemerkt zum Ausgang und eilte ins Nachbarhaus . Der “ Puff - Louis “ klingelte im Parterre und siehe da, dort wurde ihm von einer drallen üppigen Blondine die Tür geöffnet. “ Puff - Louis “ atmete durch. Das war schon eher was für ihn. Jetzt war er an der richtigen Adresse. Über den Preis war man sich schnell einig und so landete der verirrte und etwas verwirrte Freier auf Umwegen doch noch in der Folterkammer und harrte der Dinge , die da noch kommen sollten. Nebenan, bei Tante Amalie strebte das Konzert seinem Höhepunkt zu. Die Vorführung des Pianisten war faszinierend und seine Darbietung wurde immer wieder mit viel verhaltenem und vornehmen Applaus bedacht. In einer kleinen Pause , es war so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können, Tante Amali´s Gäste verweilten in Besinnlichkeit , kamen plötzlich unüberhörbare und unvorstellbare Laute aus der Nachbarwohnung zu Tante Amalie hinübergeflogen. Dort war “ Peitschen - Alice “ gerade dabei, den “ Puff – Louis “, der noch vor wenigen Minuten bei Tante Amalie gesessen hatte, auszupeitschen. Und da die Wände so hellhörig waren, verstand man fast jedes Wort: Doch was waren das für komische Sachen, die Tante Amalie´s vornehme Gesellschaft nun statt Beethovens Fünfter zu hören bekamen. “ Ich werde Dir zeigen, wer der Herr ist “ hörten die verdutzten Musikliebhaber eine schrille Frauenstimme aus der Nachbarwohnung. , dann hörte man wieder mehrere Male die Peitsche knallen und “Au, Aua – Schreie “ . Nach einer kleinen Pause hörten die Gäste dann ein entsetzlich lautes lautes Quiecken, so als ob ein Schwein geschlachtet würde. Was man “diesseits der Wand “nicht ahnen konnte, dass“ Peitschen – Alice “ jenseits der Wand gerade dabei war, ihrem “ Puff - Louis “ die Krallen über den Rücken zu ziehen, dass das Blut spritzte. Einer der Gäste meinte, man solle das Konzert abbrechen und im Nachbarhaus zu Hilfe eilen. Da würde sicherlich ein Mensch zu Tode gequält.

Doch die Gemüter beruhigten sich allmählich wieder und es wurde weiter musiziert. Tante Amalie verstand sowieso überhaupt nichts mehr und war froh, dass der Klavierabend seinen Höhepunkt überschritten hatte und sich nun langsam dem Ende zuneigte. Doch auch in der Nachbarwohnung war der Höhepunkt überschritten , allerdings einer der anderen Art. Nachdem Peitschen – Alice ihr Werk vollbracht hatte, verweilte „Puff – Louis“ noch einen Augenblick in Verzückung und verdrehte die Augen wie ein wollüstiger Goldhamster, dem man den Bauch streichelt. Zufriedenheit und Besinnlichkeit “diesseits “der Wand, und immer leiseres und lustvolleres Stöhnen“ jenseits “ der Wand.

Ein schöner Abend ging zu Ende und alle Menschen gingen zufrieden nach Hause.